Streaming Report 2024: Warum plötzlich Millionen Deutsche illegal fernsehen

DSLWEB Streaming Report Deutschland 2024

Der Streaming-Boom setzt sich 2024 ungebremst fort, während das lineare Fernsehen weiter Zuschauer verliert. Der DSLWEB Streaming Report 2024 zeigt, welche Anbieter besonders beliebt sind, welche Auswirkungen das Ende des Nebenkostenprivilegs hat und wie Trends wie Account-Sharing oder Werbung den Markt prägen.

von Sina Rosenzweig
Aktualisiert 27.01.2025
Streaming Report 2024: Warum Millionen jetzt schwarzsehen
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Sina Rosenzweig | Streaming Report 2024

Streaming Markt wächst 2024

Der Video-on-Demand (VoD)-Markt in Deutschland zeigt 2024 ein signifikantes Wachstum. Laut Statista wird Prognosen zufolge der Umsatz im VoD-Markt auf etwa 5,96 Milliarden Euro geschätzt, was einem Anstieg von etwa 10,4% zum Vorjahr bedeutet. Mit dem steigenden Umsatz geht auch ein Zuwachs an Menschen mit einem Streaming-Abonnement einher. Die Zahl der Streaming-Video-on-Demand-Abonnenten wuchs von 15,0 Millionen im Jahr 2019 auf 21,1 Millionen im Jahr 2023 – ein Anstieg von über 40 Prozent. Und auch im Jahr 2024 wird ein weiteres Wachstum erwartet. 

  • 2019
    15,0 Mio.
  • 2020
    17,4 Mio.
  • 2021
    19,2 Mio.
  • 2022
    19,8 Mio.
  • 2023
    21,1 Mio.
  • 2024
    22,2 Mio.

Quelle: FFA/GfK (2019-2023), VAUNET-Prognose (2024e)

Wegfall des Nebenkostenprivilegs stärkt Streaming Dienste

Mit dem Wegfall des Nebenkostenprivilegs in Deutschland im Juli 2024 endete die Praxis, die Kosten für Kabelanschlüsse automatisch über die Mietnebenkosten abzurechnen. Diese Änderung hatte erhebliche Auswirkungen auf die Streaming-Landschaft. Viele Haushalte, die sich zuvor auf das lineare Fernsehen über Kabel verlassen hatten, standen vor der Entscheidung, einen eigenen Vertrag abzuschließen oder alternative Angebote zu nutzen. Dadurch stiegen die Abonnements für Streaming Dienste erheblich. Grund dafür ist, dass Nutzer vermehrt flexible und individuell anpassbare Medienangebote wollen. Insbesondere Streaming Anbieter, die auch Live-TV im Portfolio haben, profitierten von dem Wegfall des Nebenkostenprivilegs. 

Andererseits hätte für die Streaminganbieter aber eigentlich noch wesentlich mehr drin sein müssen. Denn tatsächlich sind bei Weitem nicht alle der weggefallenen Kabel-TV Kunden zu einem alternativen TV-Angebot gewechselt.

So nutzen laut dem Branchendienst DWDL im Herbst 2024 über 3,5 Millionen Haushalte illegal Kabel-TV. Einem großen Teil davon ist dies vermutlich nicht einmal bewusst. Die Sperrung der Anschlüsse ist enorm aufwendig, weshalb es hier nur schleppend vorwärts geht und die Kunden einfach ohne Probleme weiterschauen konnten.

Dies trifft besonders den größten Kabelnetzbetreiber Vodafone. Von den bisher 8,5 Millionen Vodafone TV-Haushalten konnte der Netzanbieter bis zum Herbst 2024 so nur etwa 4 Millionen Kunden durch neue Verträge an sich binden. Das entspricht zwar den Erwartungen des Anbieters - bedeutet aber natürlich einen gewaltigen Einbruch für die eigenen TV-Umsätze.

Rückgang im linearen Fernsehen

Auch im Jahr 2024 sank die Nutzung des linearen Fernsehens. Laut der ARD/ZDF-Medienstudie 2024 ist die durchschnittliche tägliche Mediennutzung von linearem Fernsehen insgesamt von 64% auf 58% gesunken. In den jüngeren Zielgruppen (14 - 29 Jahre) schaut nur noch rund jeder Vierte täglich lineares Fernsehen. Damit ist die tägliche Nutzung des linearen Fernsehprogramms bei den 14- bis 29-Jährigen um fast 10 Prozentpunkte von 35% auf 24% zurückgegangen. Zudem ist die wöchentliche Reichweite des linearen Fernsehens auf 73% gesunken, was einem Rückgang von 6 Prozentpunkten zum Vorjahr entspricht.

Der positive Trend bei den Streaming Diensten kann den Rückgang im linearen Fernsehen allerdings nicht ganz auffangen, weshalb es laut der ARD/ZDF-Medienstudie einen Rückgang bei der täglichen Mediennutzungsdauer gibt. 

Streaming mit Werbung als Trend 2024

Im Jahr 2024 hat sich Streaming mit Werbung als bedeutender Trend etabliert, da immer mehr Plattformen kostengünstige Abonnements mit Werbung anbieten, um sowohl neue Zielgruppen zu erschließen als auch zusätzliche Einnahmequellen zu generieren. Ende 2022 hat Netflix als erster großer Streaming Dienst ein werbefinanziertes Abonnement eingeführt. Disney+ folgte Ende 2023. Prime Video, Paramount+  und RTL+ sind im Laufe des Jahres 2024 ebenfalls mit werbefinanzierten Varianten an den Start gegangen. Somit bieten zum Ende des Jahres 2024 alle großen Streaming Dienste eine kostengünstige Abo-Variante mit Werbung an. 

Account-Sharing 2024

Im Jahr 2024 setzen führende Streaming-Anbieter verstärkt Maßnahmen gegen das Teilen von Accounts außerhalb des Haushalts um, um Einnahmeverluste zu minimieren und die Nutzerzahlen zu optimieren. Bereits im Jahr 2023 war Netflix der große Vorreiter und verlangte einen Aufpreis für das Teilen von Accounts außerhalb des eigenen Haushalts. Dieser Trend setzte sich 2024 fort und zeigte Wirkung: Netflix verzeichnete einen signifikanten Anstieg neuer zahlender Abonnent:innen. Laut einer Analyse der Financial Times konnte Netflix allein durch die Anti-Account-Sharing-Maßnahmen seine Einnahmen um rund 5% steigern.

Betrachtet man den Erfolg von Netflix, wundert es nicht, dass auch andere Streaming Anbieter das Account-Sharing besser überprüfen und verbieten. So verschärfte auch Disney+ 2024 die Kontrollen und ging aggressiver gegen das Account-Sharing vor. Seit Oktober 2024 bietet Disney+ nun auch die Möglichkeit, gegen Aufpreis Zusatzmitglieder zu seinem Account hinzuzufügen. 

Amazon setzte ebenfalls im Jahr 2024 auf Transparenz, indem es klarere Nutzungsbedingungen für Prime Video einführte. Hier gibt es allerdings noch keine direkten Maßnahmen gegen das Account-Sharing (wie bei Netflix oder Disney+), auch wenn es laut Nutzungsbedingungen nun explizit untersagt wurde. 

Die beliebtesten Streamingdienste 2024

Im Jahr 2024 ist Amazon Prime Video der erfolgreichste Streaming Dienst in Deutschland mit einem Marktanteil von 31%. Platz 2 belegt der welweit erfolgreichste Streaming Dienst Netflix. Netflix besitzt in Deutschalnd einen Marktanteil von 30% und ist Amazon Prime Video damit dicht auf den Fersen. Mit deutlichem Abstand ist Disney+ auf dem 3. Platz. Mit einem Marktanteil von 19% in Deutschland ist er zwar auch sehr beliebt, kann aber mit den beiden großen Konkurrenten Prime Video und Netflix nicht mithalten.

Marktanteile Streaming-Anbieter 2024

  • Amazon Prime Video
    Marktanteil 31 %
  • Netflix
    Marktanteil 30 %
  • Disney+
    Marktanteil 19 %
  • WOW
    Marktanteil 7 %
  • Apple TV+
    Marktanteil 7 %
  • Paramount+
    Marktanteil 4 %
  • Andere
    Marktanteil 2 %

Quelle: JustWatch

Dass Amazon Prime Video der beliebteste Streamingdienst in Deutschland ist, könnte laut der Simon-Kucher Streaming-Studie daran liegen, dass Amazon Prime Video die Kategorie "bester Preis" gewonnen hat und der Preis eben besonder relevant für die Kaufentscheidung ist. Ebenso sagt die Studie aus, dass Amazon Prime besonders bei denen auf der Überholspur ist, die nur ein Abo besitzen. Hier haben ganze 43% ein Amazon Prime Abo, während nur 29% ein Netflix Abo haben. Besitzen die Nutzer allerdings zwei Abos, liegen die beiden Streaming-Riesen gleichauf. 

Laut der Simon-Kucher Streaming-Studie gewinnt Netflix dafür die Kategorie "Beste Auswahl", "neue Inhalte" und "angesagte Inhalte". Disney+ überzeugt vorrangig mit den exklusiven Inhalten und hat sich auch diese Kategorie sichern können. Und auch Apple TV+ ist mit im Ranking und überzeugt vor allem durch Kündigungsflexibilität. Insgesamt sind laut der Simon-Kucher-Streaming-Studie aber alle Anbieter dicht beieinander. 

RTL+ als führender deutscher Streaming Dienst

RTL+ hat sich 2024 als führender nationaler Streamingdienst in Deutschland etabliert und setzt seinen Wachstumskurs fort. Der Dienst, der durch eine Kombination aus exklusiven Inhalten, einem breiten Angebot und einer aggressiven Vermarktungsstrategie punktet, verzeichnete besonders im dritten Quartal 2024 eine beeindruckende Entwicklung. Neben der klassischen VoD-Nutzung hat RTL+ 2023 bereits sein Angebot erweitert und sein Portfoilio um die Bereiche Musikstreaming, Podcasts und Hörbücher ausgebaut. Womit das Wachstum unter anderem zu tun haben könnte. Zudem hat im Jahr 2024 die Zusammenarbeit mit Stefan Raab zu einem extremen Abonnenten Zuwachs geführt. 

Laut RTL+ selbst stieg im dritten Quartal 2024 die Nutzungsdauer im Vergleich zum Vorjahresquartal um 93,6 %. Zudem ist laut RTL die Anzahl der zahlenden Abonnenten von RTL+ in Deutschland Ende September 2024 auf 5,802 Millionen angewachsen, was einem Anstieg von 24,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Sina Rosenzweig - DSLWEB-Redakteurin seit 2021

Sina Rosenzweig
DSLWEB-Redakteurin seit 2021

s.rosenzweig@dslweb.de

DSLWEB Redakteurin Sina Rosenzweig hat stets aktuelle Informationen zu neuen Serien und Filmen parat, kennt sich aber auch bei neuen und etablierten Show-Formaten bestens aus. Dafür nimmt sie den TV & Streaming-Markt ganz genau unter die Lupe. Zudem stehen Vertragsangelegenheiten und Verbraucherschutz auf dem Redaktionsplan. Als Online-Redakteurin bringt sie ihre Berufserfahrung bereits seit 2021 in die redaktionelle Tätigkeit ein.

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