BGH: Keine Störerhaftung für Filesharer aus der Familie

Der volljährige Stiefsohn verteilt gigabyteweise urheberrechtlich geschützte Musik über eine Internet-Tauschbörse - kann der Inhaber des Internetzugangs in diesem Fall automatisch rechtlich belangt werden? Der Bundesgerichtshof hat dies in einem Urteil aus dem Januar verneint. In der jetzt veröffentlichen Urteilsbegründung legt der BGH dar, warum auch bei Rechtsverletzungen durch volljährige Familienmitglieder nicht der Grundsatz "Mitgehangen, mitgefangen" gilt - lässt einige Fragen aber auch bewusst offen.
Bärendienst: Ausgangslage für einen langen Rechtsstreit
Bis zur vorliegenden Entscheidung war es ein langer Weg - seinen Beginn hat die Gerichts-Saga, die zum BGH-Urteil geführt hat, nämlich bereits 2007 genommen. Dem Beklagten war damals eine Abmahnung im Auftrag von vier deutschen Tonträgerherstellern in Haus geflattert. Über seinen Internetzugang, hieß es, sollten 3.749 Musikaufnahmen auf einer Internet-Tauschbörse verfügbar gemacht worden sein - die angegebenen Abmahnkosten beliefen sich auf 3.454,60 Euro.
Wie sich schnell herausstellte, war sein damals zwanzigjähriger Stiefsohn für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich, der auf seinem Rechner das Tauschbörsen-Programm BearShare laufen hatte. Die strittige Frage war nun: Trifft den Inhaber des genutzten Anschlusses eine Mitschuld im Sinne einer Störerhaftung?
Keine Haftung für Familienmitglieder
Der folgende Rechtsstreit ging durch mehrere Instanzen. Zunächst hatte das Landgericht Köln der Klage stattgegeben und auch in einem Berufungsverfahren wurde die Strafzahlung lediglich deutlich abgemildert. Als der Beklagte darauf eine Verfassungsbeschwerde einlegte, wurde das Verfahren von den Verfassungsrichtern an das Berufungsgericht zurückverwiesen - das wiederum sein ursprüngliches Urteil bekräftigte.
Der Bundesgerichtshof allerdings entschied in letzter Instanz anders: Bereits seit 2012 gilt keine Elternhaftung mehr für Rechtsverletzungen durch Kinder - solange die Eltern diese über die Unrechtmäßigkeit von Filesharing und Co. unterrichtet haben. Dieser Ansatz wurde nun auf volljährige Familienmitglieder erweitert. Als Erwachsene müssten sie allerdings weder entsprechend belehrt werden, noch seien keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, zumindest wenn keine konkreten Anhaltspunkte für einen Rechtsbruch vorliegen.
Achtung: Gilt nicht für alle nahestehenden Personen
So stellte der BGH fest: "Danach ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu berücksichtigen, dass zum einen die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und zum anderen Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind." Den Beklagten im "Bearsharing-Prozess" treffe demnach aus Sicht des BGH keine Haftung als Täter, Teilnehmer oder auch Störer.
Die Störerhaftung beim Betrieb eines Internetzugangs ist damit aber keineswegs generell gekippt, denn das Gericht bezieht sich speziell auf Familienangehörige und lässt andere Umstände bewusst außen vor: "Ob und inwieweit diese Grundsätze bei einer Überlassung des Internetanschlusses durch den Anschlussinhaber an andere ihm nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten, kann hier offenbleiben."
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