Q4 2016: Gemeinsam für mehr Glasfaser - Kommt bald Bewegung in den Netzausbau?

DSLWEB Breitband Report Deutschland Q4 2016

Auch 2016 konnten die großen deutschen Festnetz-Breitbandanbieter ein solides Anschluss-Wachstum verbuchen. Der Glasfaser-Ausbau beschwört Streit herauf, zwingt die Netzbetreiber zugleich aber auch zur Zusammenarbeit.

von Ingo Hassa
Aktualisiert 08.02.2018
DSLWEB Breitband Report Q4 2016 - Gemeinsam für mehr Glasfaser
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Die Gesamtzahl der festnetzbasierten Breitbandanschlüsse in Deutschland ist auch im Q4 2016 nochmals deutlich gestiegen. Zwischen Oktober und Ende Dezember 2016 konnten die sechs größten deutschen Breitband-Anbieter um weitere 291.100 auf insgesamt 29,42 Millionen Breitband-Kundenverträge zulegen.

Auf das Gesamtjahr 2016 gesehen, kamen die Top-Sechs Provider unterm Strich auf knapp 1,1 Millionen Netto-Neuanschlüsse und blieben damit nur leicht hinter dem Vorjahreswert zurück (+ 1,17 Mio.). Dabei hat sich vor allem die Erholung im klassischen DSL Segment weiter fortgesetzt (+ 481.000), die Nachfrage nach Kabel Internet von Vodafone, Unitymedia und Tele Columbus hingegen hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht abgeschwächt.

Deutsche Telekom erfolgreich mit Kombi-Produkten

Die Deutsche Telekom hatte sich für das Jahresende noch ein konkretes Ziel gesetzt: Mit einem Endspurt wollte das Unternehmen in Sachen Neuanschlüsse an das Vorjahresergebnis anknüpfen (siehe Breitband Report Q3 2016). Am Ende ist das sogar gelungen - im Q4 2016 konnte die Telekom nochmals 87.000 Breitbandverträge hinzugewinnen und hat damit im Gesamtjahr (+ 278.00) eine vergleichbare Anzahl an Netto-Neuverträgen wie im Vorjahr (+ 283.000) eingefahren.

Als größten Erfolg verbuchte der Festnetz-Marktführer allerdings seine neue Rekordmarke bei den Glasfaser-Anschlüssen. Hier konnte die Telekom im Q4 2016 den höchsten Zuwachs vorweisen, den sie jemals in einem einzelnen Quartal eingefahren hat. Bei der aufgeführten Zahl von 674.000 zusätzlichen Glasfaser-Anschlüssen gibt es aber wie immer zwei Dinge zu beachten: Zum einen bezieht sich dieser Wert auf die Gesamtsumme aus eigenen Angeboten und den für andere Anbieter bereitgestellten Wholesale-Anschlüssen. Zum anderen zählt die Telekom neben FTTH Direkt-Verbindungen auch VDSL- und Vectoring-Anschlüsse zu den Glasfaser-Produkten.

Tatsächlich machten die Wholesale-Anschlüsse allerdings den kleineren Anteil der neu bereitgestellten Glasfaser-Anschlüsse aus. Bei den eigenen Glasfaserkunden konnte die Telekom allein im Q4 2016 ein Plus von 393.000 verzeichnen, im Gesamtjahr 2016 kam die Telekom in diesem Segment auf 1,327 Millionen Netto-Neuanschlüsse.

Von einem weiteren Vertriebserfolg dürfte die Telekom aber sogar selbst überrascht worden sein: Bereits zum Jahresende 2016 kam das erst im September 2014 eingeführte Bündelprodukt MagentaEINS auf mehr als 3 Millionen Kunden. Allein im Q4 2016 entschieden sich 375.000 Kunden dafür, Telekom-Verträge aus den Bereichen Festnetz-Internet, TV und Mobilfunk miteinander zu vereinen. Seiner ursprünglichen Planung ist der Konzern damit bereits rund zwei Jahre voraus - die 3-Millionen-Marke hatte die Telekom nämlich eigentlich erst für Ende 2018 angepeilt.



Erneut Kundenzugewinne bei allen großen Providern

Kundenzugewinne gab es auch bei der aktuellen Nummer Zwei, Vodafone. Dass das Kabel Internet Geschäft läuft, ist keine Überraschung. Allerdings hat sich auch die Trendwende im DSL Segment mittlerweile verfestigt. Unterm Strich konnte Vodafone im Q4 2016 zusätzliche 77.000 Kabel Internet Verträge sowie weitere 33.000 DSL Kundenverträge einstreichen. Alles in allem lag die Zahl der aktiven Vodafone Festnetz-Breitbandverträge zum 31. Dezember 2016 bei 6,14 Millionen.

Mit insgesamt 4,41 Millionen DSL Kundenverträgen belegt 1&1 auch zum Jahresende 2016 den dritten Platz im Ranking der kundenstärksten deutschen Breitbandprovider. Wirklich große Sprünge machte der DSL Anbieter im Q4 2016 allerdings nicht - wie im vorangegangenen Quartal belief sich der Zuwachs an 1&1 DSL Kundenverträgen auf rund 10.000.

Seine wichtigsten Wachstumschancen sieht United Internet aber ohnehin in anderen Bereichen. Die Wachstumsmärkte der nächsten Jahre seien demnach das mobile Internet sowie die Cloud-Anwendungen. Trotzdem dürfte das Festnetz United Internet in den kommenden Monaten in hohem Maße beschäftigen.

Die längste Zeit stützte sich 1&1 für die Bereitstellung seiner DSL Anschlüsse nämlich auf die Netze anderer Anbieter, etwa der Telekom, QSC, Vodafone oder Telefónica Deutschland. Doch Telefónica hat sich zum Rückbau seines Festnetzes entschlossen und arbeitet entsprechend schon seit Längerem an der Stilllegung seines Wholesale-Geschäfts, die nach 2018 abgeschlossen sein soll. Auch deshalb verlegt sich United Internet inzwischen zunehmend auf die Nutzung seiner eigenen 1&1 Versatel Infrastruktur und bezieht im Idealfall nur noch die Letzte Meile von der Telekom oder lokalen Netzbetreibern. Im Q4 2016 hat United Internet so auch die Migration von Bestandskunden im o2 Netz auf alternative Netze gestartet.

Zusammen mit Regulierungseffekten soll die notwendig gewordene Kundenmigration das Unternehmensergebnis in 2017 mit rund 30 Mio. Euro belasten. Gleichzeitig investiert United Internet weiter in den kontinuierlichen Ausbau des ehemaligen Versatel-Netzes. Im Laufe des Jahres 2016 hat der Konzern dieses so von 40.825 auf 41.644 Kilometer Länge erweitert.

Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia konnte im Q4 2016 rund 62.100 Netto-Neuanschlüsse verbuchen und steigerte die Gesamtzahl seiner Internet-Kundenverträge so auf knapp 3,33 Millionen. Dabei griffen die neuen Unitymedia Internet-Abonnenten im verstärkten Maß zu besonders hohen Anschlussgeschwindigkeiten. Laut dem Kabelnetzbetreiber buchten etwa 90 Prozent der Kabel Internet Neukunden einen Tarif mit 120 Mbit/s oder mehr. In diesem Zuge hat sich die Durchschnittsgeschwindigkeit der geschalteten Unitymedia Breitband-Anschlüsse nochmals beträchtlich erhöht - Ende 2016 lag sie laut Unternehmensangaben bei 78 Mbit/s und damit 24 Prozent über dem Vorjahreswert.

Gesamtjahr 2016 Breitbandverträge
Q4 2016
Veränderung absolut Veränderung prozentual

Telekom

12.922.000

+ 278.000

+ 2,20%

Vodafone

6.135.000

+ 444.000

+ 7,80%

  Vodafone Kabel

3.261.000

+ 337.000

+ 11,53%

  Vodafone DSL

2.874.000

+ 107.000

+ 3,87%

1&1

4.410.000

+ 90.000

+ 2,08%

Unitymedia

3.325.600

+ 219.400

+ 7,06%

o2

2.104.000

+ 6.000

+ 0,29%

Tele Columbus

520.000

+ 58.000

+ 12,55%

Neue Allianzen für den Netzausbau

Wie nicht nur die Unitymedia-Zahlen zeigen, bewegt sich der Markt aktuell schnellen Schrittes in Richtung Highspeed. Das ist ein klarer Vorteil nicht nur für die Kabelnetzprovider, sondern auch für lokale Netzbetreiber, die ihre Glasfaser in Ballungsgebieten vergleichsweise rasch an die einzelnen Haushalte heranführen können.

Der Highspeed-Ausbau in der Fläche hingegen gestaltet sich schwieriger. Der Marktführer Telekom setzt hier daher weiterhin in erster Linie auf die Vectoring-Technologie. Diese basiert wie bereits erwähnt zwar auf der schnellen Glasfaser, vor den Haushalten wird jedoch weiterhin auf das alte Kupferkabel der Letzten Meile zurückgegriffen. Aktuell ist das VDSL Vectoring dabei für Download-Bandbreiten von bis zu 100 Mbit/s gut.

Die enorm kostenaufwendige direkte Glasfaser-Anbindung von Gebäuden muss vielerorts also erst einmal zurückstehen. Das gilt unter anderem auch für die Gebiete in den Nahbereichen der rund 8.000 deutschen Hauptverteiler - diese hatte die Telekom im September 2016 nach langem Ringen nahezu exklusiv von der Bundesnetzagentur für die Umsetzung des VDSL Vectoring zugesprochen bekommen. Eine Klage von insgesamt 18 Telekom-Wettbewerbern gegen diese Regulierungsentscheidung hat das Verwaltungsgericht Köln inzwischen abgewiesen (mehr zu den Hintergründen der Vectoring-Kontroverse im Breitband Report Q1 2016).

Ein großer Teil des Highspeed-Ausbaus dürfte damit vorerst von Vectoring bestimmt werden. Nach eigenen Aussagen will die Telekom den Glasfaser-Ausbau bis an die Kabelverzweiger bis 2019 fortsetzen und erst im Anschluss daran auf andere Technologien umschwenken. In der Zwischenzeit soll 2018 jedoch auch das sogenannte Super-Vectoring an den Start gehen, welches auf Basis der bestehenden Vectoring-Infrastruktur Geschwindigkeiten von bis zu 250 Mbit/s möglich macht.

Der Rückstand zu den Kabelnetzbetreibern wird dadurch aber keineswegs kleiner: Schon im ersten Quartal 2018 will Unitymedia nämlich bereits die ersten Gigabit-Anschlüsse über den neuen Kabel-Standard Docsis 3.1 realisieren. Nach dem Start in der ersten "Gigabit-Stadt" Bochum dürfte auch diese Anschlussart recht schnell Verbreitung finden.

Wie sich abzeichnet, wird der Glasfaser-Ausbau kaum durch Alleingänge zu bewältigen sein. Einen Vorstoß für engere Zusammenarbeiten kommt unter anderem von United Internet. Über eine eigene Aggregator-Plattform will das Unternehmen Kooperationspartner künftig an das eigene 1&1 Versatel Netz anbinden, um ein flächendeckendes Glasfaser-Angebot in Deutschland bereitstellen zu können. Bislang ist jedoch einzig der lokale Provider Wilhelm.tel mit an Bord, weitere Partner sollen in der ersten Jahreshälfte 2017 folgen (siehe auch Breitband Report Q2 2016).

Ob die 1&1 Plattform wirklich durchstarten kann, ist aber noch aus einem anderen Grund fraglich. Denn inzwischen hat der Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO) eine ganz ähnliche Open-Access-Plattform angekündigt, die im Juli 2017 an den Start gehen soll. Der Gedanke dahinter ist identisch: Kunden orientieren sich vor allem an den bekannten Marken, die nun auch die Glasfaseranschlüsse der lokalen Betreiber vermarkten können sollen. Diese wiederum profitieren dadurch von einer besseren Auslastung ihrer teuer aufgebauten Netze.

Für die technische Umsetzung hat der BREKO neben Vitroconnect übrigens auch 1&1 Versatel verpflichtet. Der große Vorteil dieses Projekts ist natürlich die große Masse an potenziellen Kooperationspartnern - immerhin sind im BREKO auch rund 160 Netzbetreiber und Stadtwerke vertreten. Wie viele der Mitglieder zum Start tatsächlich beteiligt sein werden, muss sich allerdings noch zeigen.

Das Konzept ist auch beim Marktführer auf Interesse gestoßen. Statt gegen die Konkurrenz anzurennen, will die Telekom in Zukunft ohnehin verstärkt auf Kooperationen setzen. Zu eben diesem Zweck hat der Konzern Ende 2016 den Ex-Versatel-Chef Johannes Pruchnow an Bord geholt, der nun als Vorstandsbeauftragter für Breitbandkooperationen im Einsatz ist.

Die Neubesetzung steht laut Telekom sehr bewusst für einen "Paradigmenwechsel", in dessen Rahmen sich das Unternehmen um verschiedenste Formen der Zusammenarbeit mit den kleineren Wettbewerbern bemühen will. Neben der Anmietung von Infrastruktur und dem Einkauf von Vorleistungsprodukten sei man hier laut eigener Aussage sogar für größere Joint Ventures offen. In einem ersten Schritt will die Telekom zunächst in rund 50 Ortsnetzen Anschlüsse von Innogy anmieten und unter dem eigenen Namen vertreiben.




Weiterführende Informationen zu den einzelnen Anbietern

DSLWEB begleitet die Geschehnisse auf dem deutschen Breitbandmarkt nicht nur mit seinen vierteljährlichen Marktreports, sondern bereitet die Entwicklung der einzelnen Provider zudem regelmäßig im Rahmen seiner aktuellen Berichterstattung auf. Folgende News-Meldungen und Info-Grafiken liefern weitere Hintergründe zu den deutschen Breitband-Anbietern im 4. Quartal 2016:



DSLWEB Archiv: Der deutsche Breitbandmarkt seit 2007

Bei den Berichten zu einzelnen Quartalen handelt es sich zwangsläufig um Momentaufnahmen. Trends und historische Entwicklungen allerdings zeichnen sich erst über längere Zeiträume ab.

DSLWEB begleitet den deutschen Breitband-Markt bereits seit 2007 mit regelmäßig erscheinenden Reports. Über den Gesamtindex können alle bisherigen Ausgaben zentral abgerufen werden.

Zur Gesamtübersicht: DSLWEB Breitband Report Deutschland

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