Q4 2015: Mobilfunk ist nur die halbe Miete - Die langsame Rückbesinnung auf das Festnetz

DSLWEB Breitband Report Deutschland Q4 2015

Das klassische DSL Geschäft erholt sich weiter. Erstmals seit fünf Jahren kann so auch Vodafone wieder zusätzliche DSL Kundenverträge gewinnen. Für gesteigerte Nachfrage sorgt vor allem die zunehmende Verbreitung von schnellen VDSL Zugängen, im Fahrwasser von Telekom Magenta EINS gewinnen darüber hinaus auch Kombi-Tarife an Bedeutung.

von Ingo Hassa
Aktualisiert 30.03.2016
DSLWEB Breitband Report Q4 2015: Die langsame Rückbesinnung auf das Festnetz
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Die großen überregionalen deutschen Festnetzprovider konnten die Zahl ihrer Breitband-Kundenverträge auch im Q4 2015 weiter erhöhen - insgesamt ergab sich für das Quartal ein Plus von knapp 260.000 Kundenverträgen. Zusammengenommen stellten diese fünf größten Anbieter Ende Dezember 2015 damit rund 27,86 Mio. Breitband-Internetzugänge bereit.

Dabei war das Q4 2015 mit einem effektiven Plus von 102.000 Verträgen im DSL Segment das mit Abstand wachstumsstärkste Quartal des Kalenderjahres. In der Kabelsparte hingegen haben die Neukundengewinne zum Jahresende nicht mehr dramatisch angezogen. Zusammengenommen brachten es Unitymedia und Vodafone im Q4 2015 auf ein Plus von 157.600 Kabel Internet Abonnements.

Vodafone mit ersten DSL Kundenzugewinnen seit fünf Jahren

Was die Entwicklung der Vertragszahlen angeht, ist Vodafone Ende 2015 nicht nur im Mobilfunkbereich die Trendwende gelungen (siehe SMARTWEB Mobilfunk Report Q4 2015), auch bei den DSL Kundenverträgen konnte der Netzbetreiber endlich wieder einmal ein effektives Plus einfahren - das erste seit fünf Jahren. Unterm Strich ist die Zahl der von Vodafone bereitgestellten DSL Anschlüsse im Q4 2015 so um 9.000 auf rund 2,77 Mio. angestiegen.

Natürlich konnte Vodafone seine DSL Kundenverluste seit dem Zukauf von Kabel Deutschland ohnehin locker durch das starke Wachstum im Kabel Internet Segment kompensieren. Dazu kommt, dass Vodafone bestehende DSL Kunden ganz bewusst auf die Kabel Internet Infrastruktur überführt hat - ein nicht unerheblicher Teil der "abgewanderten" Vodafone DSL Kunden sind dem Unternehmen also als Kabel Internet Abonnenten erhalten geblieben.

Auch das hat sein Scherflein dazu beigetragen, dass die Zahl der Vodafone Kabel Internet-Verträge weiter rasant angewachsen ist. Allein im Q4 2015 konnte der Anbieter hier ein Plus von 96.000 verzeichnen, auf das Gesamtjahr 2015 gesehen hat die Kabelsparte sogar um fast 420.000 Internetverträge zugelegt. Zum 31. Dezember 2015 zählte Vodafone so insgesamt 2,92 Mio. Kabel Internet Abonnements.



Trotzdem hat bei Vodafone inzwischen offenbar ein Umdenken stattgefunden, was die eigene Positionierung im Festnetzgeschäft betrifft. Denn durch den starken Fokus auf die Vermarktung der Kabelprodukte wurde an anderer Stelle Potenzial ungenutzt gelassen. Schließlich ist Vodafone mit seinem TV-Kabel nicht überall vertreten, vor allem natürlich nicht in den von Unitymedia abgedeckten Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

In der Telefonkonferenz zum aktuellen Quartalsbericht hat so auch der CEO der Vodafone-Gruppe, Vittorio Colao, eingeräumt, dass dem DSL Geschäft vom Management zuletzt zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Der neue Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter allerdings habe diesen Bereich sofort nach seinem Amtsantritt im Oktober in den Fokus genommen. Auch wenn Vodafone hier meist auf Vorleistungsprodukte der Deutschen Telekom zurückgreifen muss, soll die DSL Vermarktung wieder stärker forciert werden.

Marktgeschehen im Q4 2015 in Stichpunkten

  • Vodafone mit erstem Zuwachs an DSL Verträgen seit fünf Jahren
  • Vodafone startet neues Kombi-Angebot Vodafone Red One
  • Telekom überschreitet Marke von 2 Mio. MagentaEINS Kunden

Unitymedia lotet Wachstumsmöglichkeiten aus

Auf absehbare Zeit wird Kabel Internet aber weiter der entscheidende Wachstumsmotor auf dem Festnetzmarkt bleiben. Auch Unitymedia konnte im Q4 2015 einmal mehr ein kräftiges Kundenplus einfahren und hat zwischen Oktober und Ende Dezember um 61.600 Breitband-Verträge auf insgesamt 3,1 Mio. Internet-Abonnements zugelegt.

Der große Vorteil der Kabelnetzbetreiber: Über das TV-Kabel lassen sich schon jetzt deutlich höhere Übertragungsraten als über den klassischen DSL bzw. VDSL Anschluss realisieren. Während selbst über VDSL Vectoring aktuell nur bis zu 100 Mbit/s im Download möglich sind, hat Unitymedia bereits seit Ende 2014 Anschlussvarianten mit bis zu 200 Mbit/s im Programm. Seit Februar 2016 schaltet der Kabelprovider in weiten Teilen seines Netzes nun sogar erste 400 Mbit Anschlüsse.

Angesichts dieser technischen Entwicklung lässt sich natürlich infrage stellen, ob das Wettrennen nach immer höheren Spitzengeschwindigkeiten letzten Endes nicht am tatsächlichen Bedarf der breiten Nutzerschaft vorbeigeht. Fest steht aber auch: Mit den steigenden Bandbreiten geht auch eine steigende Nutzungsintensität einher. Im Q4 2015 lag der durchschnittliche monatliche Datenverbrauch pro Unitymedia-Kunde bei 75 Gigabyte, was einer Steigerung um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht. Verglichen mit dem durchschnittlichen deutschen Internetnutzer, so Unitymedia, kämen die eigenen Kunden damit sogar auf das doppelte monatliche Übertragungs-Volumen. Kurzum: Der Geschwindigkeitsvorteil gegenüber den DSL Anbietern erweist sich nach wie vor als enorm zugkräftig.



Was das weitere Kundenwachstum angeht, richtet sich Unitymedia für Anfang 2016 allerdings auf einen kleinen Dämpfer ein. Grund dafür sind bereits vorab angekündigte Preiserhöhungen im Q1 2016 sowie Anpassungen der monatlichen Grundgebühr aus dem letzten Jahr, die am 1. März für rund eine Viertelmillion weitere Breitband-Bestandskunden wirksam wurden. Über alle Bereiche hinweg sollen die Kosten für die 7,1 Millionen Endkunden um etwa 2,3 Prozent steigen. Unitymedia rechnet damit, dass sich dies in einem gebremsten Vertragswachstum zum Jahresbeginn niederschlagen wird. Ein ähnlicher Effekt ist bereits nach den letztjährigen Preiserhöhungen aufgetreten (siehe auch Newsbericht Unitymedia im Q1 2015: Preiserhöhungen sorgen für Umsatzwachstum).

Gleichzeitig lotet Unitymedia Möglichkeiten aus, seine Breitband-Angebote für noch mehr Kunden verfügbar zu machen. Dabei knüpft der Kabelnetzbetreiber direkt an Markttests an, die Mitte 2015 in einigen ausgewählten Städten durchgeführt wurden. Hier hat der Provider per Post oder im Door-to-Door Vertrieb gezielt Haushalte angesprochen, die noch nicht an das Unitymedia-Netz angeschlossen waren. Da sich der Ansatz als erfolgreich herausgestellt hat, sollen nun weitere Regional-Kampagnen dieser Art folgen. In Kombination mit dem Netzausbau in der Fläche will Unitymedia 2016 etwa 200.000 zusätzliche Haushalte an seine Breitband-Infrastruktur anbinden.

Telekom: Schon zwei Millionen MagentaEINS Kombi-Kunden

Ihr angepeiltes Ziel von einer Viertelmillion zusätzlichen DSL Kundenverträgen in 2015 hat die Telekom letztlich übererfüllt. Allein im Q4 2015 hat sie um weitere 48.000 Verträge zugelegt und die Gesamtzahl ihrer DSL Kundenverträge im Jahresvergleich damit sogar um 283.000 auf über 12,64 Mio. gesteigert.

Diesen Erfolg schreibt die Telekom nicht zuletzt dem konsequenten Netzausbau zu. Vor allem die schnellen Anschlüsse auf Glasfaserbasis - gemeint sind hier in erster Linie VDSL und Vectoring Zugänge - sind derzeit stark nachgefragt. Im Q4 2015 verzeichnete die Telekom den bislang stärksten Zuwachs in dieser Anschlusskategorie. Im Zeitraum zwischen Oktober und Ende Dezember ist die Zahl der Telekom Kundenverträge in diesem Segment um 310.000 auf über 2,9 Millionen angestiegen.

Die zunehmende Verbreitung leistungsstarker Anschlüsse ist für die Telekom nicht zuletzt deshalb wichtig, da sie als Grundlage für anspruchsvolle Zusatzangebote wie das eigene Digital-TV Telekom Entertain dienen. Entsprechend setzt sich das Fernsehangebot immer mehr innerhalb der Kundenbasis durch - nach einer langen Anlaufphase beziehen inzwischen mehr als 21 Prozent der Telekom Breitbandkunden auch das Digital-Fernsehen. In 2015 ist die Zahl der Entertain Abonnements dabei um 9,9 Prozent auf 2,68 Mio. angestiegen, wobei diese Zahl auch die satellitengestützte - und damit weniger bandbreitenhungrige - Produktvariante Entertain Sat beinhaltet.

Gesamtjahr 2015 Breitbandverträge
Q4 2015
Veränderung absolut Veränderung prozentual

Telekom

12.644.000

+ 283.000

+ 2,29%

Vodafone

5.691.000

+ 334.000

+ 6,23%

  Vodafone Kabel

2.924.000

+ 419.000

+ 16,73%

  Vodafone DSL

2.767.000

- 85.000

- 2,98%

1&1

4.320.000

+ 130.000

+ 3,10%

Unitymedia

3.106.200

+ 209.800

+ 7,24%

o2

2.098.000

- 46.000

- 2,15%

Konsequent konvergent: Festnetz als Basis für Bündelprodukte

Nach eigener Aussage will die Telekom in den nächsten Jahren "überproportional am TV-Markt teilhaben". Das Digitalfernsehen ist damit ein weiterer Baustein in der auf zunehmende Konvergenz ausgerichteten Strategie des Marktführers. Als integrierter Telekommunikationsanbieter will die Telekom ihren Kunden dabei möglichst viele Produkte aus einer Hand anbieten - von Festnetz-Internet und Mobilfunk über das Digital-TV bis hin zu Dienstleistungen wie Cloud-Anwendungen.

Einen großen Schritt in diese Richtung hat die Telekom mit der Einführung ihres neuen Kombi-Produkts Telekom MagentaEINS getan. Auch das im September 2014 gestartete Bündelangebot hat die ursprünglichen Erwartung mehr als erfüllt, zum Jahresende 2015 hat die Telekom bereits die Marke von 2 Millionen MagentaEINS Kunden geknackt. Die Kehrseite der Medaille: Die im Rahmen der MagentaEINS Tarife gewährten Rabatte sollen laut der Telekom wesentlich dazu beigetragen haben, dass der eigene Festnetz-Umsatz trotz der gestiegenen Anzahl an Kunden und den höheren TV-Umsätzen leicht zurückgegangen ist (- 2,1 % im Gesamtjahr).

Der Ansatz, Kunden, die sowohl Mobilfunk- als auch Festnetz-Produkte beziehen, mit zusätzlichen Preisnachlässen zu belohnen und so für eine höhere Kundenbindung zu sorgen, ist natürlich keineswegs neu. Auch die Telekom selbst hatte sich bereits 2013 mit einem speziellen "Familienpaket" am Markt versucht, das Festnetz, Mobilfunk und Telekom Entertain in einem Komplettpaket bündelte.

Noch weiter zurück reicht der schon im Frühjahr 2012 eingeführte "Kombi-Vorteil" von o2 und auch Vodafone reagierte kurz nach dem Start von MagentaEINS mit einem vergleichbaren "All-in-One" Produkt. Trotzdem scheint die Deutsche Telekom mit dem MagentaEINS Angebot einen besonderen Nerv getroffen zu haben - sei es nun durch das effektive Branding, den aufwendigen Marketing-Push oder schlicht das richtige Timing.

Die Konkurrenten haben sich ganz offensichtlich von der erfolgreichen MagentaEINS Kampagne inspirieren lassen: Im November 2015 hat zunächst Vodafone seine "All-in-One" Produktlinie als "Vodafone Red One" neu aufgestellt. Seit Februar 2016 schließlich sind bei o2 statt einem generischen "Kombi-Vorteil" die neuen "o2 Blue One" Kombipakete zu haben - durch den einheitlichen Markennamen soll den Kunden der Zugang erleichtert werden. Zumindest für Vodafone scheint sich die Anpassung bereits gelohnt zu haben, der Provider spricht von einer "ermutigenden" Annahme der Vodafone Red One Tarife durch die Kunden.

Übrigens rückt das Festnetzgeschäft nicht zuletzt auch bei o2 DSL gerade wieder mehr in den Vordergrund. Zwar ist o2 mit einem Minus von 5.000 DSL Kundenverträgen im Q4 2015 knapp an der lang erhofften Trendwende vorbeigeschrammt, im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Kundenabwanderung inzwischen aber bereits mehr als halbiert. Für Aufwind hat auch hier vor allem das große Interesse an schnellen VDSL Anschlüssen gesorgt (+ 73.000 Kundenverträge im Q4 2015).

Ende Dezember 2015 hat Telefónica Deutschland sogar eine neue VDSL-Kampagne gestartet, durch die das Unternehmen explizit seine "Positionierung im Hinblick auf Konvergenz stützen" möchte. Hier sieht o2 nämlich noch großes Potenzial, denn insgesamt sei Deutschland noch ein "mäßig konvergenter Markt", der Kunden mit Bündel-Produkten "nur geringe Preisnachlässe" biete. Damit unterscheide er sich jedoch positiv von anderen europäischen Märkten, in denen die Kombi-Rabatte mit der Zeit zu einer "Wertvernichtung geführt" hätten.



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Bei den Berichten zu einzelnen Quartalen handelt es sich zwangsläufig um Momentaufnahmen. Trends und historische Entwicklungen allerdings zeichnen sich erst über längere Zeiträume ab.

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Zur Gesamtübersicht: DSLWEB Breitband Report Deutschland

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