Q4 2011: Kabelprovider hängen DSL Anbieter bei Wachstum deutlich ab
Breitband Report Deutschland Q4 2011
Zum Jahresende 2011 belief sich die Zahl der festnetzbasierten Breitband-Anschlüsse in Deutschland auf knapp 27 Millionen. Während die Gesamtkundenzahl der fünf größten deutschen DSL Anbieter zwischen Oktober und Dezember nur unwesentlich zugenommen hat (+ 12.600), verzeichneten die drei großen überregionalen Kabelanbieter mit insgesamt 125.400 Netto-Neukunden auch im Q4 2011 starke Zuwächse bei ihren Internet-Produkten.
DSL Kundenzahl: Weiterhin Stagnation auf hohem Niveau
Nachdem die Zahl der von den fünf wichtigsten deutschen DSL Anbietern geschalteten DSL Zugänge im Q3 2011 erstmals zurückgegangen war (-8.400), ergab sich für das Q4 2011 unterm Strich wieder ein effektives Plus von 12.600 DSL Kunden. Zum 31. Dezember 2011 kamen die Top Fünf damit auf knapp 22,04 Millionen DSL Verträge, was auf das gesamte Jahr gesehen einen Zuwachs von rund 186.800 DSL Kunden bedeutet. Im Vergleich zu 2010 (+407.300 Netto-Neuanschlüsse) hat sich das Wachstum auf dem DSL Markt stark abgeschwächt.
Nur Deutsche Telekom mit zusätzlichen DSL Kunden
Die Kundenentwicklung bei den großen DSL Anbietern folgt dem Trend aus dem vorangegangenen Quartal. Wie bereits im Q3 2011 konnte lediglich die Deutsche Telekom ihren Kundenstamm weiter ausbauen und steigerte die Zahl ihrer DSL Verträge um 64.000 auf 12,265 Millionen.
Sowohl Vodafone (- 7.000 DSL Verträge) als auch 1&1 (- 10.000 DSL Verträge) konnten ihre DSL Kundenzahl im Vergleich zum ersten Halbjahr 2011 zwar stabilisieren, schafften es jedoch nicht, die Kundenabwanderung vollständig zu stoppen. Nach einigen starken Quartalen stagnierte die DSL Kundenzahl im zweiten Halbjahr 2011 auch bei Telefónica Germany. Mit einem effektiven Minus von 15.300 DSL Verträgen lag die Zahl der Anschlussverluste bei o2 und Alice DSL auf einem ähnlichen Niveau wie im 3. Quartal. Nicht überraschend war Versatel am stärksten von Abwanderungen betroffen. Zwar bezeichnet das Unternehmen den eigenen Privatkundenbestand weiter als wichtige Stütze seines Geschäfts, sieht gleichzeitig aber keine Chance auf weiteres Wachstum im Massenmarkt-Segment. Statt auf den weiteren Ausbau setzt Versatel hier lediglich auf den Erhalt bzw. das langsame Abschmelzen der Kundenbasis. Im Q4 2011 verkleinerte sich diese um weitere19.100 auf 563.100.
Hin zum Wechsler-Markt: Telekom und Kabelnetzbetreiber profitieren
Die zunehmende Saturierung des Breitbandmarkts ist nur einer der Gründe, warum das Wechsler-Geschäft in naher Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird. Ein weiterer Faktor ist die anstehende Umsetzung der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, die nach langem Vorlauf im Februar 2012 verabschiedet wurde. Sie enthält nämlich einige Neuerungen, die den Wechsel des Providers erheblich erleichtern werden. Nicht nur müssen alle Breitband-Angebote fortan in einer Variante mit maximal 12 Monaten Mindestlaufzeit verfügbar sein, zudem werden die Anbieter verpflichtet, die Anschlussumschaltung im Falle eines Providerwechsels innerhalb eines Tages durchzuführen.
Wie die Bundesnetzagentur in ihrem Tätigkeitsbericht 2011 aufzeigt, waren die deutschen Breitband-Nutzer in der Vergangenheit nur bedingt wechselwillig. So ergab eine Befragung Mitte 2011, dass knapp 70 Prozent der Kunden ihrem aktuellen Telefonanbieter bereits seit vier Jahren oder länger die Treue halten. Die Zahl der Nutzer, die ihren Telefonanbieter tatsächlich gewechselt haben, lag laut Bundesnetzagentur in den vergangenen vier Jahren weitgehend konstant bei rund 3 Millionen pro Jahr.
Interessant wird es jedoch bei der Verteilung auf die verschiedenen Provider: So entschied sich in diesem Zeitraum etwa die Hälfte der Wechsler für einen der alternativen DSL Anbieter, während immerhin 30 Prozent von einem anderen Provider zur Telekom wechselten. Die verbleibenden 20 Prozent wiederum verfielen auf die Internet- und Telefonangebote der Kabelnetzbetreiber.
Der hohe Anteil der Wechselbewegung hin zu den alternativen DSL Anbietern in dieser Rechnung dürfte kaum überraschen. Schließlich wurde die Telekom erst im Mai 2008 von der Bundesnetzagentur dazu verpflichtet, ihren Wettbewerbern Bitstrom-Zugänge zu marktgerechten Preisen zur Verfügung zu stellen. Damit konnten die kleineren Marktteilnehmer erstmals flächendeckend Komplettangebote für Internet und Telefonie bereitstellen und sich als vollwertige, aber günstigere Alternative zur Telekom etablieren.
In ihren letzten Quartalsberichten konnte die Telekom jedoch die niedrigsten Anschlussverluste seit Jahren ausweisen, was zusammen mit ihrem relativ hohen Wechsler-Anteil dafür spricht, dass inzwischen auch wieder viele Kunden von kleineren Providern zum Marktführer zurückkehren. Betrachtet man die stagnierenden DSL Neukundenzahlen, lässt dies allerdings vor allem einen Schluss zu: Die Mehrheit der Kunden, die aktuell ihren DSL Anbieter verlassen, landet nicht bei der direkten Konkurrenz, sondern wechselt auch die Technik - nämlich hin zu den immer populäreren Kabel Internet Angeboten.
Nächste große Konsolidierung im Kabelnetz
Bereits im März 2011 wurde die Übernahme des in Baden-Württemberg aktiven Kabelnetzbetreibers Kabel BW durch den amerikanischen Medienkonzern Liberty Global angebahnt, im Dezember schließlich hat das Bundeskartellamt den Kauf abgesegnet. Damit befindet sich Kabel BW nun unter demselben Konzerndach wie Unitymedia. Im Zuge der Umstellung auf die Reporting-Richtlinien des neuen Eigentümers musste Kabel BW die Zahl seiner Breitband-Kunden nach unten korrigieren und weist für das Q4 2011 deshalb 19.100 weniger Kabel Internet Abonnements aus als für das vorherige Quartal. Unabhängig von diesem einmaligen Bereinigungseffekt konnte Kabel BW im 4. Quartal insgesamt 33.000 zusätzliche Internet-Verträge gewinnen.
Erneute Zuwächse gab es auch bei Unitymedia und Kabel Deutschland, die allein zwischen Oktober und Dezember 68.200 bzw. 69.200 zusätzliche Kabel Internet Anschlüsse schalten konnten. Zusammen kommen die drei großen Kabelnetzbetreiber auf rund 3,24 Millionen Internetzugänge und halten damit inzwischen einen Anteil von 12 Prozent am Gesamtmarkt für festnetzbasierte Breitband-Verbindungen.
DSLWEB Archiv: Der deutsche Breitbandmarkt seit 2007
Bei den Berichten zu einzelnen Quartalen handelt es sich zwangsläufig um Momentaufnahmen. Trends und historische Entwicklungen allerdings zeichnen sich erst über längere Zeiträume ab.
DSLWEB begleitet den deutschen Breitband-Markt bereits seit 2007 mit regelmäßig erscheinenden Reports. Über den Gesamtindex können alle bisherigen Ausgaben zentral abgerufen werden.
Zur Gesamtübersicht: DSLWEB Breitband Report Deutschland
Alle Breitband-Reporte aus dem Jahr 2011 lassen sich auch direkt über folgende Links erreichen: