Q3 2016: Mehr-für-Mehr ist kein Selbstläufer
DSLWEB Breitband Report Deutschland Q3 2016
Moderne Highspeed-Internetzugänge sind das wichtigste Zugpferd auf dem Festnetzmarkt. Vor allem die Telekom hat jedoch noch Mühe, die Verbreitung der neuen Anschlussvarianten in der erhofften Geschwindigkeit voranzutreiben. Aus diesem Grund vergibt sie nun besonders hohe Rabattvorteile - und setzt damit die Mitbewerber unter Zugzwang.
Im Q3 2016 ist die Gesamtzahl der aktiven festnetzbasierten Breitbandanschlüsse in Deutschland abermals deutlich angestiegen. Die sechs größten deutschen Festnetzprovider kamen zusammen auf ein effektives Plus von 236.000 Kundenverträgen. Ende September stellten sie damit insgesamt rund 29,13 Millionen Breitband-Verbindungen bereit.
Besonders stark waren nach wie vor schnelle Kabel Internet Angebote nachgefragt. Unterm Strich brachten es die drei größten Kabelprovider Vodafone, Unitymedia und Tele Columbus so auf 143.000 Netto-Neuverträge. Aber auch das klassische DSL Segment konnte einmal mehr solide Zuwächse einfahren und legte um 93.000 Breitband-Kundenverträge zu.
Themen im Überblick
Vodafone schafft die nächste Trendwende
Unter allen großen deutschen Breitbandanbietern konnte Vodafone im Q3 2016 den höchsten Zuwachs an Kundenverträgen verbuchen. Unterm Strich ist die Zahl der Vodafone Breitbandverträge um 92.000 auf knapp über 6 Millionen geklettert. Erwartungsgemäß war die Kabel-Sparte für den größten Teil dieser Netto-Neuverträge verantwortlich. Sie konnte im Q3 um 72.000 auf 3,18 Millionen Internet-Abonnements zulegen. Die langsame Erholung der DSL Kundenzahl hat sich währenddessen weiter fortgesetzt, diese stieg um immerhin 20.000 auf 2,84 Millionen an.
Nachdem Vodafone Ende 2015 erstmals wieder DSL Kunden hinzugewinnen konnte, stand nun der nächste Turnaround an. Denn im Q3 2016 war nun auch der DSL Serviceumsatz endlich wieder im Plus und verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal um 2,3 Prozent. Das Kabelgeschäft zog derweil nahezu unverändert stark an und brachte es auf ein Plus von 9,2 Prozent. Insgesamt hat der Serviceumsatz der Festnetzsparte gegenüber dem Vorjahr um 6,1 Prozent zugelegt.
Gerade die Kabelsparte profitiert stark von der wachsenden Nachfrage nach hohen Verbindungsgeschwindigkeiten. Nicht nur kann Vodafone über sein leistungsstarkes Kabelnetz seit Juni die neue Höchstbandbreite von bis zu 400 Mbit/s anbieten, die Highspeed-Anschlüsse sind zudem weithin verfügbar: Der 100 Mbit Anschluss ist im Kabelnetz inzwischen bereits Standard und auch seinen 200 Mbit Zugang kann Vodafone schon in 93 Prozent der angeschlossenen Haushalte bereitstellen. Die Verfügbarkeit der 400 Mbit Verbindungen wächst ebenfalls schnell und belief sich Ende September auf rund 40 Prozent der Vodafone Kabel-Haushalte.
Die hohen Geschwindigkeiten werden von den Verbrauchern gut angenommen. Laut Unternehmensangaben greifen inzwischen mehr als 30 Prozent der Vodafone Kabel Internet Neukunden zu einer Anschlussvariante mit bis zu 200 Mbit/s oder mehr. Wachstumspotenzial hat Vodafone dabei noch zu Genüge. Zum Ende des Q3 deckte Vodafones eigene Infrastruktur so rund 13,7 Millionen Haushalte ab, von denen bislang jedoch lediglich 3,2 Millionen auch einen Internetzugang von Vodafone beziehen.
Deutsche Telekom bereitet sich auf Jahresendspurt vor
Die Deutsche Telekom konnte die Zahl ihrer Breitband-Kundenverträge im Q3 2016 um rund 65.000 auf 12,84 Millionen steigern. Wirklich zufrieden ist das Unternehmen mit seinen aktuellen Neukundenzahlen allerdings nicht. Darüber hinaus hat der weitere Ausbau der eigenen Glasfaser-Infrastruktur - in den vorangegangenen 12 Monaten hat die Telekom 2,3 Millionen zusätzliche Haushalte für VDSL und Vectoring erschlossen - offenbar noch nicht die gewünschte Zugkraft entwickelt. Dies gilt insbesondere für die neuen Vectoring-Anschlüsse: An Standorten, an denen die 100 Mbit Anschlüsse bereits verfügbaren waren, haben sich nach Unternehmensangaben immer noch 80 bis 90 Prozent der Neukunden für kleinere Alternativen mit bis zu 50 Mbit/s entschieden.
Um die Adoption der Highspeed-Schiene zu beschleunigen, geht die Telekom inzwischen quasi in Vorleistung. Im Rahmen der im August eingeführten neuen Tarifangebote haben Neukunden so die Möglichkeit, im ersten Vertragsjahr ohne zusätzliche Kosten die vor Ort verfügbare Maximalgeschwindigkeit zu beziehen. Erst danach müssen sie sich entscheiden, ob sie den Highspeed-Anschluss weiter nutzen möchten oder auf eine der kostengünstigeren Anschlussvarianten wechseln (siehe dazu auch DSLWEB Breitband Report Q2 2016).
Darüber hinaus bezuschusst der Provider seine Tarife mit ungewohnt hohen Neukunden-Rabatten. Diese machen den Einstieg bei der Telekom aktuell so günstig wie selten zuvor. Das Unternehmen nimmt also viel Geld in die Hand, um seinen Premium-Angeboten die nötige Starthilfe zu geben. Langfristig soll sich das natürlich durch höhere Serviceumsätze und zusätzliche Upselling-Möglichkeiten bezahlt machen.
Die Unternehmensführung ist zuversichtlich, dass diese Offensive Wirkung zeigen wird - auch wenn die Effekte der Preissenkungen im Q3 2016 noch kaum zu spüren waren. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen wurden die neuen Tarife in der Urlaubssaison eingeführt, zum anderen ist die Schaltung von Festnetzanschlüssen stets mit gewissen Vorlaufzeiten verbunden. Viele neu abgeschlossene Kundenverträge werden so erst in die nächsten Quartals-Kennzahlen einfließen.
Durch diesen Backlog an Aufträgen und die saisonale Entwicklung rechnet die Telekom für das Q4 2016 auch mit einer deutlichen Verbesserung der Neukundenzahlen. Insgesamt will die Telekom im Gesamtjahr 2016 einen ähnlichen Zuwachs an Breitbandverträgen erreichen wie im Vorjahr. Unterm Strich war der Provider 2015 auf 283.000 Netto-Neuverträge gekommen. Um diesen Wert zu erreichen, müsste die Telekom im Q4 2016 also nochmals 92.000 Breitband-Anschlüsse schalten. Laut Telekom-CEO Timotheus Höttges sollen aber bereits die Oktober-Zahlen gezeigt haben, dass sein Unternehmen auf dem besten Weg ist, diese Zielvorgabe zu erfüllen.
Unitymedia kann sich Preiskampf nicht entziehen
Anders als die Telekom hat Unitymedia offenbar keine größeren Probleme, die Verbraucher von seinen Highspeed-Kabelanschlüssen zu überzeugen. Laut Unternehmensangaben greifen aktuell nämlich schon drei Viertel der eigenen Internet-Neukunden zu einem Anschluss mit 120 Mbit/s und mehr.
Hier profitiert der Anbieter natürlich stark von seiner modernen Kabel-Infrastruktur. Denn während die Telekom ihre Vectoring-Technologie erst noch ausrollt, war der 400 Mbit Anschluss bereits wenige Monate nach seiner Einführung im Februar 2016 nahezu im gesamten Unitymedia-Netz verfügbar.
Trotzdem unterstützt Unitymedia die Vermarktung seiner Highspeed-Angebote derzeit wieder mit teils sehr hohen Rabatten. Ganz freiwillig hat der Kabelprovider diesen Schritt allerdings nicht gemacht. Vielmehr sieht sich Unitymedia tatsächlich durch das aggressive Auftreten der Telekom unter Zugzwang gesetzt. Als Antwort auf den Marktführer hat der Anbieter im September daher seine bereits bekannten "Highspeed-Wochen" neu aufgelegt. Im Rahmen dieses Aktionsangebots werden die ursprünglich auf 9 Monate ausgelegten Neukunden-Vergünstigungen auf die gesamte zweijährige Mindestvertragslaufzeit ausgeweitet.
Unitymedia ist keineswegs der einzige Anbieter, der sich durch die Telekom gezwungen sieht, mehr in die Kundengewinnung zu investieren als geplant. Auch Vodafone beklagt den hohen Wettbewerbsdruck, den die Telekom in den vergangenen Monaten durch ihre Preispolitik und die starke Subventionierung von indirekten Vertriebskanälen aufgebaut hat (siehe auch SMARTWEB Mobilfunk Report Q3 2016).
Durch die großzügigen Neukunden-Rabatte ist es Unitymedia letztlich aber gelungen, das eigene Vertragswachstum auf einem hohen Niveau zu halten. Im Q3 2016 konnte der Kabelprovider die Zahl seiner Breitband-Kundenverträge im Q3 2016 so um weitere 56.000 auf insgesamt 3,26 Millionen erhöhen. Von den anhaltenden Kundenzugewinnen profitiert auch der Umsatz des Unternehmens. Gegenüber dem Vorjahresquartal ist der Gesamtumsatz von Unitymedia so um 6 Prozent auf 573 Millionen Euro angestiegen.
Um weiter wachsen zu können, treibt Unitymedia den Ausbau seines Kabelnetzes mit Nachdruck voran. Seit Jahresbeginn hat der Provider so 70.000 Haushalte neu an sein Netz angeschlossen und rund 60.000 bestehende Kabel-Haushalte für schnelles Internet aufgerüstet. Bis zum Jahresende soll die Zahl der neu erschlossenen oder nachgerüsteten Haushalte auf insgesamt 200.000 steigen. Um die betreffenden Haushalte auch direkt als Kunden gewinnen zu können, baut Unitymedia aktuell außerdem eine eigens dafür abgestellte Vertriebsabteilung auf.
Darüber hinaus spricht Unitymedia inzwischen verstärkt einzelne Haushalte innerhalb des bestehenden Ausbaugebiets an, die bislang noch nicht an das Unitymedia-Netz angeschlossen sind. In Städten beispielsweise trennen diese häufig nur wenige Meter von den verbauten Kabelleitungen - hier übernimmt der Netzbetreiber oft sogar die Kosten für die Anbindung der Gebäude. Zum 30. September umfasste das Unitymedia Kabelnetz 12,9 Millionen Haushalte, von denen 12,7 Millionen mit dem für die Breitband-Versorgung benötigten Rückkanal ausgestattet waren.
Weiterführende Informationen zu den einzelnen Anbietern
DSLWEB begleitet die Geschehnisse auf dem deutschen Breitbandmarkt nicht nur mit seinen vierteljährlichen Marktreports, sondern bereitet die Entwicklung der einzelnen Provider zudem regelmäßig im Rahmen seiner aktuellen Berichterstattung auf. Folgende News-Meldungen und Info-Grafiken liefern weitere Hintergründe zu den deutschen Breitband-Anbietern im 3. Quartal 2016:
DSLWEB Archiv: Der deutsche Breitbandmarkt seit 2007
Bei den Berichten zu einzelnen Quartalen handelt es sich zwangsläufig um Momentaufnahmen. Trends und historische Entwicklungen allerdings zeichnen sich erst über längere Zeiträume ab.
DSLWEB begleitet den deutschen Breitband-Markt bereits seit 2007 mit regelmäßig erscheinenden Reports. Über den Gesamtindex können alle bisherigen Ausgaben zentral abgerufen werden.
Zur Gesamtübersicht: DSLWEB Breitband Report Deutschland
Alle Breitband-Reports aus dem Jahr 2016 lassen sich auch direkt über folgende Links erreichen: