Q1 2014: Deutscher Breitbandmarkt im Umbruch - Vodafone stellt sich komplett neu auf
DSLWEB Breitband Report Deutschland Q1 2014
Nach mehr als anderthalb Jahren hat die Zahl der DSL Verträge auf dem deutschen Markt im Q1 2014 wieder leicht zugelegt. Dabei war 1&1 aber weiter der einzige der großen DSL Anbieter mit einem effektiven Kundenzugewinn.
Die Anschlussverluste der drei großen Mitbewerber sind zum Jahresbeginn deutlich zurückgegangen. Die echten Wachstumstreiber sind nach wie vor die Kabel Internet Provider. Diese klare Trennung wird in Zukunft wiederum schwierig werden - denn nach der erfolgreichen Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone macht sich das Unternehmen nun an die Zusammenlegung der Festnetz-Angebote.
Top-Anbieter vereinen 26 Millionen Breitband-Kundenverträge
Insgesamt waren Ende März in Deutschland rund 28,8 Millionen festnetzbasierte Breitband-Anschlüsse geschaltet. Die Zahl der von den sechs führenden Anbietern bereitgestellten DSL- und Kabel Internet Verbindungen kletterte dabei um 198.000 auf knapp 26 Millionen.
Auch für die vier großen deutschen DSL Anbieter ergab sich erstmals seit dem Q1 2012 wieder ein effektives Kundenplus. Unterm Strich haben diese im Zeitraum von Januar bis Ende März um 26.000 auf insgesamt 21,16 Millionen DSL Verträge zugelegt. In dem verhaltenen Zuwachs spiegeln sich zwei positive Entwicklungen wieder: Zum einen ist es der Telekom, Vodafone und o2 gelungen, ihre Anschlussverluste nochmals deutlich zu verringern, zum anderen konnte 1&1 DSL seinen aktuellen Wachstumskurs weiter fortsetzen.
Mit einem erneuten Zugewinn von 70.000 DSL Verträgen ist die Gesamtzahl der 1&1 DSL Kunden auf den neuen Höchstwert von 3,63 Millionen angestiegen. Um die aktuelle Erfolgsserie nicht abreißen zu lassen, hat 1&1 DSL im Q1 2014 allerdings auch tief in die Tasche gegriffen: Im Rahmen einer eigenen Marketing-Kampagne lobte der DSL Anbieter nämlich stark subventionierte bis kostenlose Marken-Tablets als Neukundenbonus aus. Insgesamt hat 1&1 hierfür 14 Mio. Euro aufgewendet, die sich jedoch zügig amortisieren sollen - bereits für das 2. Quartal erwartet 1&1 positive Auswirkung auf sein Ergebnis.
Es bleibt abzuwarten, ob das Festnetzgeschäft von 1&1 nach dem teuren Marketing-Push eventuell einen Dämpfer bekommt. Denn in nächster Zeit will der Provider den Schwerpunkt auf seine Mobilfunk-Produkte legen. Nicht nur würden im Wachstumssegment Mobiles Internet gerade Marktanteile verteilt, im Laufe des Jahres wird 1&1 zudem weitere Mobilfunk-Angebote auf Basis von E-Plus Vorleistungsprodukten in sein Programm aufnehmen.
Das Feld der restlichen großen DSL Anbieter hatte im Q1 2014 zwar abermals einen effektiven Rückgang an DSL Verträgen zu verzeichnen, jedoch zeigt die Trendkurve hier inzwischen wieder nach oben. Mit 6.000 (Telekom), 20.000 (Vodafone) und 18.000 (o2) fielen die DSL Anschlussverluste bei allen dreien spürbar geringer aus, als noch im Quartal zuvor.
Neues Schwergewicht: Fusion von Vodafone und Kabel Deutschland
Der klassische DSL Anschluss wird bei Vodafone in Zukunft aber nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Nach der Übernahme von Kabel Deutschland steht das Festnetzgeschäft des Unternehmens nämlich vor einer kompletten Neuausrichtung.
Bereits im Dezember 2013 hat Kabel Deutschland einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit Vodafone abgeschlossen, der im Februar von den eigenen Aktionären bestätigt wurde und zum 1. April schließlich endgültig in Kraft getreten ist.
Damit wurden im Laufe des Q1 die letzten Voraussetzungen für die Zusammenlegung der beiden Unternehmen getroffen, die inzwischen mit voller Kraft angelaufen ist. Bereits am 2. Mai ist so die neue Sub-Marke "Zuhause Plus" gestartet, unter der Vodafone und Kabel Deutschland ihre Produkte gemeinsam vermarkten. Die Umstellung erfolgte auf allen Vertriebskanälen, vom Online-Shop bis hin zu den über 800 Ladenlokalen der Hauptmarken.
Der Zukauf bringt Vodafone nicht nur mehr als zwei Millionen zusätzliche Internet-Abonnenten ein, die das Unternehmen wieder auf Platz zwei im Ranking der kundenstärksten Breitband-Anbieter in Deutschland befördern. Viel wichtiger ist das leistungsstarke Kabelnetz, das rund 15,2 Millionen anschließbare Haushalte umfasst und Vodafone vor allem weitaus unabhängiger von den Vorleistungsprodukten der Deutschen Telekom macht.
Das ist auch die Stoßrichtung des "Zuhause Plus" Angebots: Im Verbreitungsgebiet von Kabel Deutschland werden Neukunden in Zukunft nur noch die Festnetzprodukte des Kabelnetzbetreibers angeboten und auch seine DSL Bestandskunden will Vodafone nach Möglichkeit auf die Kabelinfrastruktur überführen. Nur dort, wo kein rückkanalfähiger Kabel Deutschland Anschluss vorhanden ist, bietet Vodafone direkt das klassische DSL an.
Netzausbau: Betreiber rüsten für Highspeed-Angebote auf
Ganz entkommt Vodafone dem Einfluss des Marktführers Deutsche Telekom trotz allem nicht. Dies gilt insbesondere, da Vodafone in seinen künftigen DSL Versorgungsgebieten in erster Linie auf schnelle VDSL Anschlüsse und die neue VDSL Vectoring-Technik setzen will.
Durch die Verringerung von Störsignalen lässt sich die bisherige VDSL Geschwindigkeit per VDSL Vectoring auf bis zu 100 Mbit/s steigern. Der Einsatz dieses Verfahrens erfordert es jedoch, dass ein einzelner Betreiber die Kontrolle über den jeweiligen Kabelverzweiger übernimmt - und in den meisten Fällen wird dies die Telekom sein. Auch Vodafone hat daher bereits entsprechende Kooperationsvereinbarungen mit der Telekom geschlossen.
Grundsätzlich ist VDSL Vectoring bereits startklar, vor der Einführung müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen allerdings noch abschließend durch die Bundesnetzagentur geklärt werden. Dies wird voraussichtlich gegen Ende des Q2 2014 erfolgen.
Die Erholung der DSL Kundenzahlen schreiben die Provider nicht zuletzt dem wachsenden Interesse an leistungsstarken VDSL Anschlüssen zu. Die Telekom konnte die Zahl der von ihr vermarkteten glasfaserbasierten VDSL- und FTTH-Anschlüssen über die vergangenen 12 Monate hinweg so um 53 Prozent auf 1,74 Millionen steigern. Dies geht Hand in Hand mit der wachsenden Verfügbarkeit der entsprechenden Angebote: Im Zuge des Netzausbaus hat der Marktführer seine Glasfaser-Abdeckung gegenüber dem Vorjahresquartal um rund ein Drittel auf 38 Prozent erhöht.
Auf absehbare Zeit werden die Kabelnetzbetreiber jedoch weiterhin deutlich die Nase vorn haben. So kann der in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen tätige Anbieter Unitymedia KabelBW schon jetzt in über 12 Millionen Haushalten Highspeed-Anschlüsse mit bis zu 150 Mbit/s bereitstellen. Erste Angebote mit bis zu 200 Mbit/s sind bereits in Vorbereitung und sollen laut Unitymedia KabelBW noch 2014 auf den Markt kommen.
Auch Kabel Deutschland hat zuletzt stark in sein Netz investiert - im Geschäftsjahr 2013/14 steckte der Kabelprovider so allein 101 Mio. Euro in das "Investitionsprogramm Alpha" zur Modernisierung seiner Infrastruktur. Inzwischen sind rund 93 Prozent der angeschlossenen Haushalte für den Bezug von Kabel Internet aufgerüstet. Von diesen wiederum können ganze 96 Prozent mit 100 Mbit/s Anschlüssen versorgt werden. Da Kabel Deutschland seit Dezember 2013 ein entsprechendes Pilotprojekt in Mainz betreibt, ist damit zu rechnen, dass auch im Kabel Deutschland-Netz in naher Zukunft Geschwindigkeiten von bis zu 200 Mbit/s verfügbar sein werden - dann vielleicht schon unter dem Markennamen Vodafone.
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Bei den Berichten zu einzelnen Quartalen handelt es sich zwangsläufig um Momentaufnahmen. Trends und historische Entwicklungen allerdings zeichnen sich erst über längere Zeiträume ab.
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