Breitbandmarkt 2022: Ein Fall für das TKG
DSLWEB Breitband Report Deutschland 2022
Eine Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes bremst vor allem im ersten Halbjahr 2022 das Kundenwachstum bei den großen deutschen Breitbandanbietern. Vodafone wird von der veränderten Marktsituation unverhältnismäßig stark getroffen - was die Umwälzungen innerhalb des Konzerns weiter ins Rollen bringt.
TKG-Novelle sorgt für Bewegung
Das Breitbandjahr 2022 war stark von einer Gesetzesänderung geprägt, die im Dezember 2021 inkraft getreten ist. Durch die Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes (TKG Novelle) hat sich das Geschäftsmodell rund um die klassischen Breitband-Laufzeitverträge deutlich verändert.
Bislang war es üblich, dass sich die typischen Zweijahresverträge - soweit keine Kündigung erfolgte - nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit jeweils automatisch um ein weiteres Jahr verlängert haben. Damit ist es nun vorbei: Im neuen Modell sind die Verträge außerhalb der Mindestlaufzeit fortan monatlich kündbar.
Kundenzahlen Breitband-Anbieter 2022
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
Kundenabwanderung schwächt sich rasch ab
Die neuen Regelungen haben erwartungsgemäß für Bewegung auf dem Breitbandmarkt gesorgt, schließlich wurde in schneller Folge eine erhebliche Zahl von Bestandskunden in das neue, flexiblere Modell entlassen. Dennoch hatten die großen Breitbandanbieter im Vorfeld bereits prognostiziert, dass sich der Effekt der TKG-Novelle in Grenzen halten würde. Die großen Verschiebungen sollten sich im Wesentlichen auf das erste Halbjahr 2022 beschränken, über den Rest des Jahres würde sich die Situation dann auch bereits wieder normalisieren.
Diese Prognose hat sich grundsätzlich bestätigt. Als gutes Fallbeispiel kann hier etwa 1&1 DSL dienen - obwohl der Provider laut eigener Ansage am Ende doch deutlich stärker vom TKG-Effekt betroffen war als vorausgesagt. Insgesamt schreibt 1&1 den TKG-Neuerungen rund 80.000 Breitband-Kundenabgänge in 2022 zu. Tatsächlich verfiel der größte Anteil davon auf das erste Halbjahr - über die ersten 6 Monate seien dies etwa 50.000 Kundenverträge gewesen. Im Q3 2022 war das Minus dann bereits auf 20.000 begrenzt, bevor sich der Negativ-Effekt im Q4 2022 schließlich auf 10.000 Abgänge abschwächte.
Vodafone Deutschland gibt sich die nächste Blöße
Erheblich stärker war das Breitbandgeschäft von Vodafone betroffen. Zwar waren die Auswirkung der TKG-Novelle auch hier in der ersten Jahreshälfte am schwersten, wirklich normalisiert hat sich die Entwicklung im Anschluss allerdings nicht. Unterm Strich hat Vodafone in 2022 so fast eine Viertelmillion Breitband-Kundenverträge eingebüßt.
Besonders alarmierend: Die Abwanderung hat sich keineswegs auf die ohnehin schwächelnde DSL-Sparte beschränkt, auch im Kabel Internet Segment hatte Vodafone beginnend mit dem Q1 2022 nun erstmals deutliche Netto-Kundenverluste zu verzeichnen. Unterm Strich ist die Zahl der Vodafone Kabel Internet Kunden 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 155.000 zurückgegangen.
Immer neue Baustellen nach Corona
Einmal mehr hatte Vodafone Deutschland hier mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. Während es die Mitbewerber ihren Nutzern leicht gemacht haben, in neue längerfristige Verträge überzuwechseln, ist diese Migration bei Vodafone an veralteten IT-Prozessen und einer mangelhaften Kundenführung gescheitert.
Für eine effektive Schadensbegrenzung kam diese Einsicht allerdings viel zu spät. Zwar hat sich Vodafone Deutschland in Folge an die Optimierung seiner internen Prozesse gemacht, diese Arbeiten haben sich jedoch über das gesamte Jahr gezogen und konnten erst Anfang 2023 weitgehend abgeschlossen werden.
Bereits die Corona-Krise hatte erhebliche Schwächen bei Vodafone ans Licht gebracht. Denn das Vodafone Kabelnetz war den gestiegenen Datenaufkommen während der Pandemie-Monate nicht immer gewachsen. Hier musste Vodafone ebenfalls mit viel Mühe gegensteuern, um wieder zur Konkurrenz aufzuschließen. Auch 2022 war Vodafone - neben allen anderen wort- und sprichwörtlichen Baustellen - weiter mit dem dringlichen Ausbau seiner Netzkapazitäten beschäftigt.
Die Kundenverluste aus 2022 gehen allerdings nicht allein auf die Defizite im Umgang mit der TKG-Novelle zurück. Denn Vodafone hat sich aus der Deckung gewagt und als erster der großen Breitbandprovider substanzielle Preiserhöhungen durchgesetzt. Dies geschah im Herbst im Zuge der Einführung der neuen Vodafone GigaZuhause Tarifportfolios und betraf zunächst nur Neukunden. Eine Anpassung der Bestandskundenpreise stand zu diesem Zeitpunkt ebenfalls längst im Raum - diese erfolgte allerdings erst im folgenden Jahr.
Großes Stühlerücken in 2022
Die Umwälzungen bei Vodafone hatten 2022 auch personelle Konsequenzen - nicht nur hierzulande, sondern auch international. Zunächst kam es im Juli 2022 zu einem Wechsel an der Spitze von Vodafone Deutschland. Nach sieben Jahren hat der Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter seinen Posten niedergelegt und wurde durch Philippe Rogge abgelöst, der zuletzt bei Microsoft für das Geschäft in Mittel- und Osteuropa zuständig war.
Anfang Dezember folgte dann überraschend die Nachricht, dass Nick Read, der CEO der Vodafone Group, seinen Platz bereits zum Ende des Jahres räumen und dem Unternehmen nur noch bis Frühjahr als Berater erhalten bleiben würde. An seine Stelle rückte die bisherige Finanzchefin Margherita Della Valle nach, die nach einer Interims-Periode im Mai 2023 offiziell zur neuen CEO ernannt wurde. Ausführliche Infos zu den Entwicklungen im Vodafone-Konzern gibt es im Breitband Report 2023
Marktanteile Breitband-Anbieter 2022
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
Weiterführende Informationen zu den einzelnen Anbietern
DSLWEB begleitet die Geschehnisse auf dem deutschen Breitbandmarkt nicht nur mit seinen Marktreports, sondern bereitet die Entwicklung der einzelnen Provider zudem regelmäßig im Rahmen seiner aktuellen Berichterstattung auf. Folgende News-Meldungen und Info-Grafiken liefern weitere Hintergründe zu den deutschen Breitband-Anbietern in 2022:
Deutsche Telekom: Kundenentwicklung Breitband
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
Vodafone: Kundenentwicklung Breitband
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
Vodafone: Kundenentwicklung Kabel Internet
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
Vodafone: Kundenentwicklung DSL
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
1&1 DSL: Kundenentwicklung Breitband
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
o2 DSL: Kundenentwicklung Breitband
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
PYUR: Kundenentwicklung Breitband
Quelle: DSLWEB Breitband Report 2022
News zum Breitbandmarkt 2022
Als Ergänzung zum Breitband Report bereitet DSLWEB die Geschehnisse auf dem deutschen Markt regelmäßig in aktuellen Newsberichten auf. Hier sind die gesammelten Meldungen aus 2022:
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Der Umsatz mag nicht ganz an die Analysten-Erwartungen heranreichen, dafür macht der Gewinn einen überraschenden Sprung. Unterm Strich ist das Geschäftsjahr für United Internet damit recht gut angelaufen. mehr
DSLWEB Archiv: Der deutsche Breitbandmarkt seit 2007
Bei den Berichten zu einzelnen Quartalen und Geschäftsjahren handelt es sich zwangsläufig um Momentaufnahmen. Trends und historische Entwicklungen allerdings zeichnen sich erst über längere Zeiträume ab.
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